Dieses Interview ist im Rahmen der Studie „Kommunikation und Marketing in der Energiewirtschaft“ entstanden.
Was ist aktuell die größte Herausforderung für das Marketing und die Unternehmenskommunikation in der Energiewirtschaft insgesamt?
Dr. Detlef Hug: Wir alle bekommen die politischen Diskussionen zum Klimaschutz zu spüren. In der Vergangenheit wurde die Energiewirtschaft häufig als Verhinderer der Energiewende angesehen. Dabei sind wir schon lange auf einem guten Weg, haben unsere Hausaufgaben in Sachen Dekarbonisierung gemacht. Es gilt nun, diesen Weg glaubwürdig zu kommunizieren. Dabei ist es unsere Aufgabe, neben dem Klimaschutz auch auf die Ziele Versorgungssicherheit und Preisstabilität hinzuweisen. Die große Aufmerksamkeit für das Thema Energie ist einerseits gut. Andererseits fehlt bei vielen das Grundlagenwissen. Wir müssen Aufklärungsarbeit betreiben, um die komplexen Zusammenhänge greifbar zu machen. Die Zielgruppen werden zudem immer heterogener.
In der internen Kommunikation müssen wir darauf achten, die Mitarbeitenden, die hauptsächlich im Homeoffice sind, nicht in eine Isolation geraten zu lassen und sie so zu verlieren. Sie müssen die Gemeinschaft spüren und alle wichtigen Informationen erhalten. Dazu gibt es neue digitale Formate, die das Analoge allerdings nicht ganz ersetzen können. Die nicht mehr stattfindenden Messen und Events erschweren zudem den fachlichen Austausch in der Branche.
Was muss Ihrer Meinung nach getan werden, um diese Herausforderung zu meistern?
Ganz oben steht: klar Position beziehen, auch wenn die Botschaften mal schmerzhaft sind. Wir dürfen nicht weichgespült kommunizieren. Die Menschen müssen wissen, wofür man steht und warum. Es ist auch ein Wettbewerb um die besten Ideen. Dabei müssen wir uns auf die relevanten Themen fokussieren. Die Bandbreite ist extrem groß, aber man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Teilweise muss man abwarten, geduldig sein und dranbleiben. Diese Fokussierung gilt auch für die Kanäle. Es ist sinnvoll, eine klare Zielsetzung zu haben und sich auf bestimmte Kanäle zu konzentrieren. Wir können es gar nicht schaffen, uns ganz breit aufzustellen. Intern müssen wir immer wieder neue Formate testen, einfach mal loslaufen und keine Angst haben, dass etwas nicht funktioniert.
Was sind die größten Herausforderungen für die tägliche Arbeit als Kommunikator in Ihrem Unternehmen?
Die Herausforderung ist, die Themenvielfalt zu reduzieren, aktives Themenmanagement zu betreiben, auch mal Widerstand zu leisten und Kante zu zeigen in der Zusammenarbeit mit den Fachbereichen. Das heißt, dass wir Themen auch mal ablehnen und an unserem Fahrplan und der Unternehmensstrategie festhalten. Fachwissen müssen wir in verständliche und attraktive Inhalte übersetzen, sie konkret und greifbar machen. Und wir müssen auch kritische Fragen zu Trendthemen, wie etwa der Smart City, stellen.
Sind Marketing und Öffentlichkeitsarbeit in getrennten Abteilungen organisiert?
Nein, aber wir betreiben bei der Thüga auch kein B2C-Marketing. Die beiden Marketingstellen sind in die Öffentlichkeitsarbeit integriert.
Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Unternehmenskommunikation in Ihrem Unternehmen?
Sehr gut. Es gibt unterschiedliche Perspektiven, aber die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, da Marketing bei allen Konferenzen anwesend ist.
Wie bewerten Sie den Zustand der Infrastruktur für die digitale Kollaboration in Ihrem Unternehmen?
Sehr gut. Vor Corona waren wir eher mäßig aufgestellt, aber mittlerweile sind wir mit Microsoft 365 und anderen Tools sehr gut ausgestattet. Es geht aber nicht nur um die Technik, auch die Menschen, die sie bedienen, haben sehr gut mitgezogen.
Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Corporate Newsroom?
Ja, er existiert schon lange. Wir sitzen in einem denkmalgeschützten Gebäude, daher haben wir keinen ganz großen Raum für alle, dafür aber einen gut ausgestatteten Redaktionsraum. Die ganze Öffentlichkeitsarbeit inklusive Marketing ist vertreten. Die Fachabteilungen und andere Kolleg*innen sind auch regelmäßig zu Gast.
Was ist der größte Vorteil am Newsroom-Modell?
Wir erhalten unterschiedlichste Sichtweisen auf die Themen, erzielen ein schnelles Commitment, alle bekommen alles mit und an den Schnittstellen geht nichts verloren. Der Newsroom macht uns effektiv und effizient.
Kommen agile Methoden in der Öffentlichkeitsarbeit zum Einsatz?
Ja, beispielweise visualisieren wir im Redaktionsraum alle Aufgaben auf einem Kanban-Board.
Das Zielbild: Wenn Sie sich etwas wünschen könnten, wie würden Marketing und Kommunikation in Ihrem Unternehmen in zwei bis fünf Jahren aussehen?
Meine Vision ist, dass wir irgendwann das Modell der klassischen Aufbauorganisation ablösen. Kurzfristig wünsche ich mir, dass wir abteilungsübergreifend noch besser zusammenarbeiten, uns von lästigen, zeitraubenden Aufgaben freimachen und eine angemessene Ressourcenausstattung haben. Außerdem sollten wir uns bemühen, unternehmensübergreifend und über Verbände hinweg stärker und besser zusammenarbeiten.
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