Was ist die größte kommunikative Herausforderung der Energiewirtschaft? Wie verbreitet sind das Newsroom-Modell und agile Methoden in der Unternehmenskommunikation und im Marketing? Diesen und weiteren Fragen sind wir im vergangenen Jahr nachgegangen und haben Interviews mit elf Kommunikator*innen und Marketingverantwortlichen von EnBW, enviaM, Rheinhessische, Naturstrom, ewz, Thüga, evm, RWE, TransnetBW, einem regionalen Energieversorger und einem Verband geführt.
Die wichtigsten Ergebnisse haben wir für unser Magazin Corporate Newsroom noch einmal zusammengefasst. Wer tiefer einsteigen möchte, findet hier die 40-seitige Studie.
„In der Vergangenheit wurde die Energiewirtschaft häufig als Verhinderer der Energiewende angesehen. Dabei sind wir schon lange auf einem guten Weg, haben unsere Hausaufgaben in Sachen Dekarbonisierung gemacht. Es gilt nun, diesen Weg glaubwürdig zu kommunizieren.“ Mit diesem Zitat fasst Dr. Detlef Hug, Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei der Thüga Aktiengesellschaft, die größte kommunikative Herausforderung der Energiewirtschaft zusammen.
Kommunikative Herausforderungen der Energiewirtschaft
Aus Klimawandel, Energiewende und Digitalisierung ergeben sich für die Kommunikationsdisziplinen Aufgaben, die teilweise branchenweit einheitlich sind, teilweise aber auch von Organisation zu Organisation variieren. Als ihre wichtigste Aufgabe bezeichneten sieben der elf Interviewten, in der breiten Öffentlichkeit ein Verständnis für die Energiewende, die teils sehr komplexen Zusammenhänge und die ergriffenen Maßnahmen zu erzeugen.
Dies gelinge nach Aussage der Expert*innen nur mit einer tiefen Kenntnis der Zielgruppen. Sie erlaube es, plattformgerechten Content zu produzieren, der die Botschaften mit dem größtmöglichen Effekt bei den Zielgruppen platziert.
In der täglichen Arbeit müssen sich Energieversorger vermehrt mit einem Phänomen auseinandersetzen, das auch andere Branchen betrifft: Hasskommentare. Marcelo Peerenboom, Fachbereichsleiter Kommunikation und Pressesprecher bei der Energieversorgung Mittelrhein AG (evm), berichtet vom immer anspruchsvoller werdenden Community-Management: „Die Social-Media-Kanäle müssen sehr gut moderiert werden. Wie schnell beispielweise beim Thema E-Mobilität Hasskommentare eintreffen, ist abenteuerlich.“
Eine Vollzeit-Corporate-Influencerin für OTTO, Newsroom-Einführung bei REWE und apetito, mehr Polizei auf Social Media und weitere Themen finden Sie im Magazin Corporate Newsroom #6.
Newsroom-Modell in Energiebranche weit verbreitet
Wie unsere Studie ergab, findet das Organisationsmodell des Corporate Newsrooms auch in der Energiewirtschaft eine immer größere Verbreitung. Fünf der befragten Organisationen verfügen bereits über einen Newsroom, zwei führen das Konzept gerade ein. Viermal existierte kein Newsroom, davon in drei Fällen hauptsächlich wegen einer vergleichsweise kleinen Teamgröße. Gibt es einen Newsroom, dann ist dieser in der Regel in der Kommunikationsabteilung verortet. Das Marketing ist in drei von sieben Fällen fester Bestandteil des Newsrooms.
Durch die Bank waren alle Befragten, die im Newsroom-Modell arbeiten, von diesem überzeugt. Das zeigen die folgenden Zitate.
- „Wir erhalten unterschiedlichste Sichtweisen auf die Themen, erzielen ein schnelles Commitment, alle bekommen alles mit und an den Schnittstellen geht nichts verloren. Der Newsroom macht uns effektiv und effizient.“ (Dr. Detlef Hug, Thüga)
- „Wir erhoffen uns eine engere Zusammenarbeit, eine Abkehr vom Silodenken, Effizienz sowie mehr Qualität und Quantität beim Content.“ (Katharina Habermehl-Franzen, EnBW)
- „Er sorgt für eine bessere Teamarbeit. Weil er nicht hierarchisch aufgebaut ist, entstehen viel mehr Ideen und Impulse durch gemeinsame Formate und lebendigen Teamspirit.“ (Kampagnenmanagerin eines regionalen EVUs)
- „Wir behalten den Überblick und gehen Themen strategischer an.“ (Annett Urbaczka, TransnetBW)
- „Der Newsroom ist unsere Wissenszentrale. Er sorgt für Schnelligkeit und Transparenz. Hier laufen alle Informationen zusammen, alle Mitarbeitenden haben einen guten Überblick über die relevanten Themen des Unternehmens, und es geht keine Information verloren.“ (Frank Arens, RWE)
- „Die rund 1.000 Mitarbeitenden im Unternehmen wissen mittlerweile, an wen sie sich mit ihrem Anliegen wenden und wo sie ihr Thema anbringen müssen. Ich bin der Meinung, dass ein Newsroom auch mit kleinen Teams umgesetzt werden kann. Wenn alle das Modell verstehen und leben, kann es sehr gut funktionieren.“ (Marcelo Peerenboom, evm)
- „Wir können Informationen sehr schnell und schlank einholen. Auch die Kultur hat sich verändert. Alle wissen, was der Newsroom tut, warum es ihn gibt und wie er funktioniert.“ (Hadrien Jean-Richard, ewz)
Alle Befragten setzen agile Methoden ein
Ein überraschendes Ergebnis lieferte die Frage nach dem Einsatz von agilen Methoden in Kommunikation und Marketing. Alle Interviewten haben bereits mit agilen Methoden gearbeitet. Am weitesten verbreiten sind Kanban für die Redaktionsplanung und Scrum bei einzelnen, neuartigen Projekten, wie etwa dem Launch eines Online-Shops.
Ein Blick in die Zukunft
Gefragt nach erstrebenswerten Entwicklungen der Kommunikationsdisziplinen wünschten sich einige Interviewpartner*innen eine noch bessere Zusammenarbeit zwischen Marketing und Unternehmenskommunikation.
Katharina Habermehl-Franzen, Senior Brand Experience Manager bei EnBW, formulierte es folgendermaßen: „Ich wünsche mir einen holistischen Ansatz, nach dem sich Marketing und Kommunikation ganzheitlich ergänzen. Die Kund*innen interessiert es nicht, welche Abteilung einen Inhalt produziert hat. Die Botschaften müssen daher aus einem Guss stammen.“
Es lässt sich zusammenfassen, dass die Kommunikator*innen und Marketingverantwortlichen vor allem nach zwei Dingen streben: Effizienz und Effektivität. Unternehmenskommunikation und Marketing müssen effizient zusammenarbeiten, um die gemeinsamen Botschaften effektiv bei den Zielgruppen zu platzieren. Das Ziel: ein breites Verständnis für die Energiewende herstellen.
Hier können Sie die gesamte Studie kostenfrei herunterladen.