Auf den ersten Blick ist die Mobilisierung eines Intranets eine einfache Aufgabe. Die bislang eher überschaubaren Beispiele im Markt zeigen jedoch, dass es einige Herausforderungen zu bewältigen gilt. Eine der wichtigsten ist die Entscheidung, welche Funktionen und Informationen überhaupt in ein modernes und mobiles Intranet wandern sollen.
Mobile Geräte wie Smartphones sind nicht einfach nur ein weiterer Kanal. Die besonderen Umstände der Nutzung lassen in diesem Kanal ganz neue zeit- und insbesondere ortsabhängige Anwendungsfälle entstehen. Fluggesellschaften haben so den kompletten Ticketprozess mobil abgebildet, Coupons und Rabatte werden mobil situationsabhängig ausgeliefert und keiner kann sich heute mehr vorstellen, wie man sich früher in einer fremden Stadt ohne Smartphone sinnvoll orientieren konnte.
Informationsbedürfnis im mobilen Moment
Die Analysten von Forrester haben dieser besonderen Eigenschaft des mobilen Kanals die Bezeichnung „Mobile Moment“ gegeben. Also Momente, in den Informationen vor allem durch ihre spezielle Passung zum Kontext des Nutzers besonders relevant werden.
Für Unternehmen sind diese „Mobilen Momente“ ebenfalls relevant. Vielfältige konkrete Situationen unterwegs, im Vertrieb oder auf Montage sind vorstellbar, in denen Informationen in einem bestimmten Kontext mobil verfügbar sein sollen.
Informationsgelegenheit im mobilen Moment
Ein besondere Typ des „Mobile Moments“ ist von Forrester nicht explizit beschrieben, verdient aber insbesondere auch aus Unternehmenssicht mindestens so große Aufmerksamkeit wie die Fälle, in den der Nutzer gerade etwas braucht oder sucht. Es sind die vielen kleinen Gelegenheiten des Tages, an denen man kurzzeitig auf etwas wartet, die letzten 5 Minuten der Mittagspause oder die Fahrt im Bus. Dann lässt sich schnell das Smartphone zücken und der kurze Moment wird mit einem oder zwei Informationshäppchen überbrückt. Treiber ist hier kein akutes Bedürfnis nach konkreten Informationen sondern eher die Informationsgelegenheit.
Wie durchdringend und ausgeprägt dieser Effekt mittlerweile ist, kann jeder beobachten, der sich regelmäßig mit öffentlichen (Nah-)Verkehrsmitteln bewegt. Der überwiegende Teil der Nutzung großer Nachrichtenportale erfolgt mittlerweile mit fast 60% Anteil über den mobilen Kanal.
Die Besonderheiten des mobilen Kanals lassen sich also grob in die beiden beschriebenen Fälle unterteilen – Bedürfnis und Gelegenheit. Diese Sicht hilf nun auch bei der Einordnung der besten mobilen Anwendungsfälle.
Welche Anwendungsfälle unterstützt ein mobiles Intranet?
Moderne Intranets enthalten Funktionen zur Kommunikation, Unterstützung von Wissensarbeit, Vernetzung und Projekten. Beispiele hierfür sind virtuelle Arbeitsräume, erweiterte Profile oder Dokumentenbibliotheken. Das macht diese Systeme für mobile Gelegenheitsnutzer sehr kompliziert und unübersichtlich. Nicht alles was der moderne digitale Arbeitsplatz offeriert, ist auch für die Nutzung mit dem Smartphone geeignet.
Kommunikation
Der Anwendungsfall Kommunikation hat eine hohe Relevanz für die mobile Verfügbarkeit. Unternehmen haben heute meist kein Problem, unmittelbare Arbeitsinhalte zu koordinieren. Es hakt dort, wo der Blick über den Tellerrand gefragt ist, das Verständnis, was links und rechts vom eignen Arbeitsplatz passiert und warum es passiert. Diese Aufgabe sollen eigentlich Intranets, Newsletter oder Mitarbeiterzeitungen übernehmen. Das Intranet rangiert in der Relevanz bzgl. Informationen zum Unternehmen und Arbeitsumfeld heute jedoch oft noch hinter Mitarbeiterveranstaltungen, Printmedien und E-Mail-Newslettern.
Die gute Nachricht: genau an dieser Stelle ergeben sich neue Chancen. Kommunikator*innen haben mit einer mobilen Variante des Intranets nun vollkommen andere Möglichkeiten, Mitarbeiter*innen aller Altersgruppen und Tätigkeitsfelder regelmäßig mit aktuellen Informationen zu versorgen und dabei genau den richtigen mobilen Moment abzupassen.
Zielgruppe: alle Mitarbeiter
Komplexität: gering
Sicherheitsbedarf: gering
Mobiler Moment: Informationsgelegenheit
Information
Ein gemischtes Bild zeigt dich bei statischen Informationen wie Arbeitsanweisungen, Kontaktdaten oder Standortbeschreibungen. Hier sollte nicht das komplette Intranet verfügbar sein, denn dort existieren in großen Unternehmen oft tausende Inhaltsseiten, die mobil keinen Mehrwert bieten. Leitfrage: welche Informationen sind für möglichst viele Mitarbeiter*innen wichtig, nicht sicherheitskritisch und sollten möglichst im einfachen Zugriff sein?
Zielgruppe: alle Mitarbeiter
Komplexität: mittel
Sicherheitsbedarf: gering bis mittel
Mobiler Moment: konkretes Informationsbedürfnis
Zusammenarbeit
Bei Inhalten aus Zusammenarbeit und Projekten sprechen insbesondere zwei Gründe gegen eine volle mobile Priorität. Zum einen die Informationssicherheit, denn in diesem Anwendungsfall werden unternehmenskritische Informationen und Dokumente bewegt. Eine – wenn auch passwortgeschützte – Verfügbarkeit auf privaten Geräten kommt für viele Unternehmen nicht in Frage.
Zum anderen geht es in Projekten um Wissensarbeit, um Erschaffen statt konsumieren. Hier kommen mobile Geräte deutlich an Ihre Grenzen. Wer von uns nutzt ein Smartphone oder Tablet, wenn er einen längeren Text schreiben muss? Eine Ausnahme bildet die reine Teamkommunikation in Projekten. Ziel ist hier oft, Updates aus dem Team und dem Projektumfeld zu verteilen – der genaue Charakter des mobilen Moments lässt sich schwer abgrenzen und wird in jedem Team anders sein.
Zielgruppe: Informationsarbeiter
Komplexität: mittel bis hoch
Sicherheitsbedarf: mittel bis hoch
Mobiler Moment: Informationsbedürfnis und – gelegenheit
Prozesse
Die Mobilisierung von Unterstützungs-Prozessen wie Rechnungsfreigaben, Dienstplänen, Zeiterfassung oder Urlaubsanträgen hängt stark von den Merkmalen des einzelnen Vorgangs ab. Leitfrage: welche Prozesse sind für möglichst viele Mitarbeiter wichtig, nicht sicherheitskritisch (personenbezogene Daten) und haben eine zeitkritische Komponente – also sollten möglichst schnell durchlaufen werden?
Sicherheitskritische Kernprozesse können ebenfalls mobil abgewickelt werden. Der hohe Aufwand für eine solche Lösung muss dann durch den tatsächlich realisierten Prozessnutzen abdeckbar sein.
Zielgruppe: Prozessarbeiter
Komplexität: mittel bis hoch
Sicherheitsbedarf: mittel bis hoch
Mobiler Moment: konkreter Anlass / Bedürfnis
Die Zukunft: Der digitale Arbeitsplatz „verappt“
Die mobile Verfügbarkeit von Informationen und Funktionen ist kein einfaches Feature unter vielen anderen, sondern eine zentrale und kritische Anforderung. Um diese Anforderung umzusetzen, muss der digitale Arbeitsplatz von Anfang an inhaltlich und technisch mobil gedacht werden.
Die Zukunft des digitalen Arbeitsplatzes liegt nicht in einer großen, übergreifenden Plattform, die alle beschriebenen Anwendungsfälle abbilden kann. Das hieße den Fehler der großen Mitarbeiterportale zu wiederholen, als viel Geld und Zeit in „Integrationspaläste“ geflossen ist, die am Ende kein Mitarbeiter mehr benutzen konnte und wollte.
Den Weg in die Zukunft zeigen die mobilen Geräte selbst, die mit einer einfachen Logik verschiedenste Anwendungen –„Apps“ – auf einer leicht zu navigierenden Oberfläche zusammenstellen. Der Nutzer kann dann bestimmte Anwendungsfälle mit der jeweils besten passenden App bearbeiten. Der moderne digitale Arbeitsplatz wird aus einzelnen, standardisierten aber hochfunktionalen Anwendungen bestehen, die alle über Basisdienste (z.B. Nutzer, Suche, Startseite, Navigation) miteinander verbunden sind. Die noch immer viel zu lange Planungs- und Konzeptionsphasen von Intranets werden einer kontinuierlichen Aktualisierung oder Neuorientierung der einzelnen Anwendungen weichen. Einige Anwendungen werden überall verfügbar und mobil leicht zugänglich sein, andere nur im Unternehmensnetzwerk.
Der digitale Arbeitsplatz wird technisch und funktional näher am Puls der Zeit sein können und damit auch endlich im Unternehmen eine dem privaten Gebrauch ebenbürtige Nutzererfahrung bieten.
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