Dieser Artikel ist in der fünften Ausgabe des Magazins Corporate Newsroom erschienen.

Marie-Christine Schindler hat ein Denkmodell und Werkzeug für alle entwickelt, die sich ins Thema einarbeiten, einen eigenen Newsroom aufbauen oder ihren bestehenden Newsroom auf den Prüfstand stellen wollen.

Marie-Christine Schindler
Marie-Christine Schindler ist Blogautorin, Fachhochschul-Dozentin und Co-Autorin des Bestellers „PR im Social Web“. Die Gründerin und Inhaberin der Züricher Agentur mcschindler.com berät Unternehmen und Organisationen zu Online-PR und strategischer Kommunikation. Seit einigen Jahren erforscht und entwickelt sie das Thema Newsroom.

2021 ist das Thema Newsroom definitiv in der Unternehmenskommunikation angekommen. Da gibt es auf der einen Seite die mittlerweile etablierten Newsrooms, wie von Siemens, Datev oder der Mobiliar, die bereits zahlreiche Anpassungen und Entwicklungsschritte hinter sich haben.

Auf der anderen Seite stehen unzählige Kommunikationsteams in den Startlöchern; mittendrin in konzeptionellen Überlegungen. Wer sich mit dem Thema auseinandersetzt, weiß: Auf eine Frage folgen meist fünf weitere und es ist gar nicht einfach, vor lauter Bäumen den Wald noch zu sehen. In dieser Situation hilft nur eines: Komplexität reduzieren und Ordnung schaffen!

Die vier Handlungsfelder des Newsrooms strukturieren das Thema entlang der Dimensionen Organisation, Menschen, Output und Infrastruktur.

Vor dem Start: Klarheit schaffen!

Bevor Sie mit den Handlungsfeldern arbeiten, sollten Sie im Team bereits ein gemeinsames Verständnis dafür entwickelt haben, was ein Newsroom ist. Kein Newsroom ist wie der andere, dennoch gibt es klare Merkmale, egal ob man nun von Newsroom, Content Factory oder Content Board spricht. Sie sehen im Modell die Aufteilung in Themen und Kanäle, eines der Hauptmerkmale jedes Newsrooms.

Der Newsroom stellt die integrierte Kommunikation in den Prozessen Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle sicher. Auf der operativen Ebene läuft das über unterschiedlich getaktete Austausch-Routinen am Newsdesk, im Newsroom und im erweiterten Newsroom. Das Strategieboard übernimmt die strategische Planung und die Kontrolle. 

Wenn Sie von Newsroom sprechen, formt sich bei den meisten schnell ein Bild im Kopf, nur ist es selten das gleiche. Klären Sie darum am Anfang unmissverständlich, was Ihre Organisation unter einem Newsroom versteht und was sie sich davon verspricht.

Für die Analyse nach den vier Handlungsfeldern spielt es übrigens keine Rolle, ob Sie schon einen Newsroom betreiben oder nicht. Sie werden nach Abschluss der Analyse sehen, wo Sie stehen.

Gehen Sie für sich oder mit Ihrem Team jedes der vier Handlungsfelder des Newsrooms durch. Vertiefen Sie in jedem Feld die Themen: Wie läuft das bei uns? Was wollen wir verbessern? Was fehlt? Schnüren Sie Arbeitspakete, die Sie gewichten und priorisieren.

Die vier Handlungsfelder im Newsroom nach Schindler: Organisation, Infrastruktur, Menschen und Output

Handlungsfeld Organisation

In diesem Handlungsfeld widmen Sie sich der Frage: „Wie entstehen Inhalte in unserer Organisation und welche Richtlinien gibt es zur Überwachung von Qualität und Leistung?“

Der Newsroom ist ein Arbeitsmodell, bei dem im Minimum die Kommunikationsdisziplinen, also PR und Marketing, enger zusammenrücken. Christian Buggisch, Kommunikationsleiter von Datev, beschreibt den Newsroom aus Sicht der Organisation sehr treffend:

„Der Newsroom ist keine Aufbau-, sondern eine Ablauforganisation, in der man Rollen und Prozesse definiert und im Haus jene Kommunikatoren zusammenschließt, die gebraucht werden, unabhängig davon, wo sie organisatorisch verortet sind.“

Christian Buggisch, Datev

Der vertiefte Blick auf die Strukturen und die Identifikation von Schnittstellen dient einem Zweck: Sie stellen die Vernetzung in der Organisation sicher und vereinfachen die integrierte Kommunikation.

Bauen Sie darum neben der im Newsroom gängigen Koordination auch Prozesse auf, welche die regelmäßige Abstimmung mit wichtigen Stakeholdern sicherstellen. Das erfordert viel Zeit für Kommunikation und Austausch, doch je besser der Newsroom im Unternehmen verankert ist, desto wirkungsvoller wird er seine Funktion erfüllen.

Wo arbeitsteilig gearbeitet wird, braucht es auch einen Ordnungsrahmen mit Richtlinien, Standards und Vorgaben, welche die Qualität und Leistung sichern. Je größer der Newsroom, desto wichtiger ist es, Grundlagen verbindlich zu klären und zu regeln. Das erspart Zeit für Diskussionen und macht es jedem neuen Teammitglied leichter, sich einzuarbeiten.

Handlungsfeld Menschen

Der Aufbau des Newsroom bedeutet in jedem Unternehmen und in jeder Organisation eine Veränderung für die Mitarbeitenden, darum gehören sie ins Zentrum aller Überlegungen.

Das Newsroom-Modell bestehend aus Strategieteam, CvD, Themenverantwortlichen und Kanalverantwortlichen

Dies ist auch der Grund, warum der Aufbau eines Newsrooms mehrere Monate dauern kann. Rechnen Sie ausreichend Zeit ein für Gespräche und Maßnahmen, mit denen Sie das Team ins Boot holen. Sehen Sie auch Förderungs- und Schulungsmaßnahmen vor, mit denen Ihr Team für neue Aufgaben fit gemacht wird.

Im Newsroom erfolgt die Arbeitsteilung nicht mehr nach Print, Online und weiteren Kanälen, sondern nach Themen und Medien. Pro Thema gibt es eine Ansprechperson, die es mit einer ganzheitlichen Sicht, und in Partnerschaft mit dem jeweiligen Fachbereich, bewirtschaftet.

Neben den Themen- und Kanalverantwortlichen kennt der Newsroom eine dritte Kernrolle: den oder die Chef*in vom Dienst (CvD) als koordinierende Instanz. Gerade auch in kleineren Teams ist es durchaus üblich, dass eine Person mehrere Rollen übernimmt. 

Der Newsroom von economiesuisse, dem Dachverband der Schweizer Wirtschaft, kennt zusätzlich die Rolle der Informations-Spezialist*innen. Diese beobachten die relevanten Themen im Umfeld des Verbands, unterstützen die Themen-Manager*innen bei der Konzeption und evaluieren die quantitativen und qualitativen Ergebnisse des kommunikativen Outputs.

Handlungsfeld Output  

Ziel des Newsrooms ist es nicht in erster Linie, mehr Content zu produzieren, sondern Themen strategisch zu setzen und diese kanalgerecht aufzubereiten und zu verteilen. 

In diesem Handlungsfeld sitzt der Kern Ihrer Content-Strategie: Definieren Sie, über welche idealerweise drei bis fünf strategischen Themen Sie sprechen. Legen Sie über die Story das Narrativ fest, welches die Bedeutung Ihrer Botschaft zum Ausdruck bringt. Überlegen Sie, welchen Zweck Ihre Inhalte erfüllen sollen: Geht es um Information oder Unterhaltung, streifen Sie ein Thema nur oder soll es zum besseren Verständnis vertieft werden? Dann folgt die Wahl des passenden Formates für den jeweiligen Kanal.

Diese Entscheidungen auf den Ebenen Thema, Kanal und Format entscheiden darüber, wie weit es Ihnen gelingt, für Ihr Publikum tatsächlich einen Nutzen zu stiften und als relevant angenommen zu werden. 

Die Schweizer Mobiliar Versicherungsgesellschaft arbeitet mit vier übergeordneten strategischen Dachthemen. Jede Story, die geschrieben wird, muss auf mindestens ein Dachthema einzahlen. 

Eines der starken Argumente für den Aufbau eines Newsrooms ist, dass die Kommunikation durch die integrierte Zusammenarbeit und frühzeitige Abstimmung besser planbar wird. So verschaffen Sie sich den Freiraum, um mit Agenda Setting proaktiv zu kommunizieren, indem Sie selber Themen setzen.

Handlungsfeld Infrastruktur

Für den Newsroom gilt: Form follows function. Sie müssen wissen, was der Raum leisten und wie er genutzt werden soll. Nur schön ist nicht schön. Die Pandemie hat überdies einiges verändert.

Wohl nicht nur bei der Mobiliar sind Raum und Einrichtung coronabedingt nicht mehr relevant. Laptops und Microsoft Teams haben die Zusammenkünfte im Newsroom weitgehend abgelöst. Das Kommunikationsteam der Mobiliar baut für die Planung auf ein Kanban-Board, welches auf Jira aufgebaut ist. 

Mit dem Konferenzsystem lösen Sie die Planungsprozesse. Ergänzend ist eine gemeinsame Plattformlösung unabdingbar, welche abteilungsübergreifend Transparenz über den Stand der Arbeiten schafft. Suchen Sie eine Lösung, welche datenbankbasiert alle relevanten Informationen zu strategischen Themen, Redaktionsplanung, Terminen und Zuständigkeiten abbildet und zumindest einen Teil der Prozesse unterstützt.

Lösen Sie nach sorgfältiger Evaluation das Excel-Sheet ab und bedenken Sie: Kein Tool kann Wunder vollbringen, sondern nur nachstellen, was Sie sich überlegt haben.

In diesem Beitrag haben Sie einen Überblick über die vier Handlungsfelder erhalten. Wenn Sie nun noch tiefer ins Thema einsteigen möchten, empfehlen wir Ihnen den sehr ausführlichen Artikel auf dem Blog von Marie-Christine Schindler.


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