E-Mail in der internen Kommunikation: Von der digitalen Last zur Renaissance

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Sven Lindenhahn Email

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Information ist nicht Wissen. Die Kunst besteht darin, die wichtigen Dinge zu filtern. – Albert Einstein

Die E-Mail – kaum ein Kommunikationskanal polarisiert mehr. Auf Konferenzen, in Workshops und bei Gesprächen in Unternehmen taucht sie immer wieder auf, meist begleitet von einem Seufzen oder einem Stirnrunzeln. Immerhin gilt sie oft als altmodisch, ineffizient und überflüssig – ein Relikt aus vergangenen Tagen. Gleichzeitig scheitern viele Unternehmen daran, sie tatsächlich abzuschaffen. Und genau hier wird es spannend: Denn die E-Mail hat mehr Potenzial, als ihr Ruf vermuten lässt.

Aber wie ist es eigentlich so weit gekommen? Warum die E-Mail, trotz all der Prognosen über ihr Ende, erneut zum entscheidenden Kanal in der internen Kommunikation wird, lässt sich nur durch einen Blick auf ihre Entwicklung von damals bis heute wirklich verstehen. Eine Reise, die zeigt, warum der Kanal noch lange nicht abgeschrieben ist.

Zwischen Euphorie und Überforderung: eine Reise in die Vergangenheit der E‑Mail

Erinnern wir uns kurz an den Anfang: Wer weiß noch, wie aufregend es war, die erste E-Mail-Adresse zu erstellen? Ob GMX, Yahoo oder Gmail, diese kleine digitale Visitenkarte eröffnete uns eine neue Welt. Doch was im privaten Bereich noch neu und aufregend war, entwickelte sich im Arbeitsalltag schnell zur Last.

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Für viele, mich eingeschlossen, war die E-Mail vor 15 Jahren das Rückgrat der digitalen Kommunikation. Outlook war die erste Anwendung, die morgens geöffnet und erst abends wieder geschlossen wurde. Projekte, Konzepte, Protokolle, alles wanderte per Mail durchs Unternehmen. Und mit jedem “cc” und “bcc” wuchs das Chaos. Der Klassiker: endlose E-Mail-Threads, bei denen niemand mehr wusste, welche Version eines Dokuments die richtige war.

Die E-Mail wurde zum Synonym für Überforderung. Endlose Threads, volle Postfächer und die gefürchteten roten Benachrichtigungs-Bubbles brachten viele an den Rand der Verzweiflung. Kein Wunder, dass Unternehmen versuchten, sie durch Social Intranets, Slack und Co. zu ersetzen. Doch statt das Problem zu lösen, wurde es nur verschoben – und sogar größer! Heute ploppen die roten Bubbles eben in anderen Systemen auf, die E-Mail aber bleibt.

Genau diese Erfahrungen zeigen für mich, warum E-Mails in der Unternehmenswelt oft als altmodisch oder sogar als Problemkind gelten – auch wenn es sicher noch viele andere Gründe gibt, die zu ihrem schlechten Ruf beitragen.

Im Hier und Jetzt: Die unterschätzte Stärke der E-Mail

Obwohl viele Unternehmen andere Systeme bevorzugen, ist die E-Mail immer noch omnipräsent. Gerade in Deutschland scheint sie fast unverwüstlich und noch lange nicht am Ende zu sein.Eine Umfrage mit 515 Kommunikationsexpert*innen zeigt ein klares Bild:

  • 78 % der Befragten halten E-Mails für wichtig bis unverzichtbar in der internen Kommunikation.

  • 8 von 10 Unternehmen nutzen sie aktiv, und zwar aus gutem Grund: Reichweite.

Abb.6Quelle: E-Mail-Studie für die interne Kommunikation

Diese Zahlen sprechen für sich. Wenn man ein wenig darüber nachdenkt und sich auch noch ein paar weitere Daten anschaut, verwundert das aber ehrlich gesagt nicht.

Wer ist die Zielgruppe?

Rund 70 Prozent der befragten Unternehmen beschäftigen überwiegend oder ausschließlich Mitarbeitende mit einem festen Computer-Arbeitsplatz. E-Mail-Kommunikation ist vor allem ein Thema für Mitarbeitende in den Büros. Interessant ist jedoch, dass auch 43 Prozent der Mitarbeitenden ohne festen Computer-Arbeitsplatz ebenfalls eine Firmen-E-Mail-Adresse besitzen. Aber auch das ist nachvollziehbar, wenn man sich die Zielgruppen anschaut.

Ein Beispiel: „Der Außendienst bei einem Unternehmen wie der Telekom ist zwar den ganzen Tag von Kunde zu Kunde unterwegs, verfügt aber über eine vollständige technische Ausstattung und somit auch über Zugriff auf alle relevanten internen IT-Systeme.“

Was die E-Mail für Unternehmen interessant macht, ist nach wie vor die potenzielle Reichweite. Egal ob Mitarbeitende im Büro, Außendienstmitarbeiter*innen oder Führungskräfte, die E-Mail durchbricht Barrieren und bringt Informationen in nahezu jede Ecke des Unternehmens.

E-Mail ist gekommen, um zu bleiben

Auch andere Studien bestätigen dieses Bild: Der ‘State of the Sector 2023’ zeigt, dass E-Mail-Ankündigungen und Newsletter nach wie vor zu den meistgenutzten digitalen Kanälen zählen.

State Of The Sector 2023 Broadcast ChannelsIm Gallagher State of the Sector Report von 2023 sind E-Mail-Ankündigungen und E-Mail-Newsletter ganz weit vorn in den meistgenutzten IK-Kanälen: 94 Prozent nutzen E-Mail-Ankündigungen und 65 Prozent E-Mail-Newsletter.

Im privaten Bereich bleibt die E-Mail-Adresse ebenfalls unverzichtbar, insbesondere für die Generationen Z und Y (d.h. für die zwischen 1980 und 2010 Geborenen), wie die Studie „Die Rolle der E-Mail in den Generationen Z und Y” von United Internet Media belegt. Interessant ist dabei die enge Verknüpfung von E-Mail und Smartphone: Während E-Mails meist am Desktop geschrieben werden, werden sie auf dem Smartphone gelesen. Eine perfekte Symbiose für modernes Kommunikationsverhalten.

Der Blick in die Zukunft unterstreicht zudem die Relevanz: Studien prognostizieren, dass die Zahl der E-Mail-Nutzer(in) bis 2028 auf beeindruckende 4,97 Milliarden steigen wird. Damit bleibt E-Mail ein unverzichtbarer Kanal für verbindliche Kommunikation, sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext.

Mein Fazit: Viele Unternehmen setzen auf die E-Mail als festen Bestandteil ihrer internen Kommunikation, doch kaum jemand spricht wirklich gerne darüber!

Ein Blick in die Zukunft – die Renaissance der E-Mail

Doch wie sieht die Zukunft der E-Mail in der internen Kommunikation aus? Die Meinungen sind geteilt: Laut unserer Umfrage sehen 28 Prozent der Expert*innen eine steigende Bedeutung, 36 Prozent eine abnehmende und 36 Prozent sind unsicher oder haben keine Meinung dazu. Ich jedoch bin überzeugt: Die E-Mail wird wichtiger denn je.

Warum? Weil sie genau das bietet, wonach wir suchen: Verlässlichkeit und Reichweite in einer überladenen Informationswelt.

Mit der Flut an Nachrichten in Slack, Teams und Social Intranets wächst die Sehnsucht nach Übersichtlichkeit. E-Mail-Newsletter können hier ein echter Gamechanger sein:

  • Sie bündeln wichtige Informationen.

  • Sie schaffen Orientierung.

  • Und sie wirken wie ein persönlicher Service, der Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort liefert.

Hager Group Email Interne KommunikationBeispiel eines E-Mail-Newsletters der Hager Group, mit Feedback-Option, Teasern und aktuellen Nachrichten.

Das sagen Branchenexpert*innen zur E‑Mail in der internen Kommunikation

Norbert Schaefer E Mail

Ich hatte vor 10 Jahren die Vorstellung, dass leistungsfähige interne Plattformen wie Mitarbeiter-Apps und Intranets mit Abo- und Push-Funktionen alle internen Newsletter überflüssig machen werden. Die Realität hat mich eines Besseren belehrt: Viele Mitarbeitende mögen nach wie vor interne Newsletter. Sie schätzen es, eine Zusammenstellung der für sie wichtigsten Informationen zu erhalten und dass eine E-Mail mit dem Link dorthin im E-Mail-Postfach ankommt. Newsletter sind ein wenig wie Zeitunglesen und heben sich von anderen digitalen Channeln ab. Sie kommen Lesern entgegen, die sich nicht so gerne von aufpoppenden Notifications ablenken lassen, sondern z. B. am Freitag in Ruhe die News der Woche durchgehen möchten. Für die Unternehmen sind sie denkbar einfach zu erstellen, wenn auf Artikel verlinkt wird, die in den internen Plattformen ohnehin schon vorhanden sind.

Anja Stein E Mail

Bei der AOK Plus setzen wir auf ein Zusammenspiel von Intranet, E-Mails, Events und unserem Magazin. Dabei zeigt sich, dass insbesondere Führungskräfte E-Mails nach wie vor als verbindlich und wertig wahrnehmen. Entscheidend ist die richtige Balance: E-Mails sind ein wichtiger Anker, gerade für dringende oder besonders relevante Informationen. Gleichzeitig brauchen sie für volle Wirkung das Zusammenspiel mit unseren anderen Kanälen.

Carsten Rossi E Mail

Die E-Mail-Inbox ist heute (wieder) eines der wertvollsten Assets in der internen Kommunikation. Mitarbeitende kommen oft nicht von selbst auf Online-Plattformen, und Benachrichtigungen im Browser oder der App gehen in der Informationsflut oft unter. Ich habe das oft genug erlebt: Ohne gezielte E-Mail-Erinnerungen bleibt eine Community passiv – erst durch den direkten Zugang zur Inbox erreicht man die Menschen wirklich. Die wenigen Sekunden Sichtbarkeit im Mail-Programm sind entscheidend für echtes Engagement. Deshalb bleibt die E-Mail, trotz aller Kritik, ein unverzichtbares Instrument für erfolgreiche interne Kommunikation

Mein Fazit: E-Mails bleiben wichtig für die interne Kommunikation, müssen aber neu gedacht werden

Die E-Mail ist mehr als nur ein Überbleibsel vergangener Tage. Sie ist eine Einladung: zur Verbindung, zum Dialog und zum Austausch. Richtig eingesetzt, wird sie in einer Zeit der Informationsüberflutung zu einem der stärksten Werkzeuge der internen Kommunikation.

Es ist Zeit, das schlechte Image der E-Mail abzulegen und ihr Potenzial neu zu entdecken. Denn wenn wir eines aus der Vergangenheit gelernt haben, dann dies: E-Mail ist nicht tot. Sie wartet nur darauf, wieder glänzen zu dürfen.

Die E-Mail ist nicht nur eine Nachricht, sondern eine Einladung – eine Chance, Brücken zu bauen, Ideen auszutauschen und gemeinsam zu wachsen.

Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie sich das Thema weiterentwickelt!

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