37,7 Prozent der Kommunikatoren in Europa sind unzufrieden mit der Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern in ihrem Unternehmen.
Das ergab der Internal Communications Monitor Europa 2020, eine Studie zum Status der internen Kommunikation in Europa. Er gibt einen Überblick über Strategie, relevante Kanäle, Inhalte und Formate der internen Kommunikation in europäischen Unternehmen. Die fünf wichtigsten Ergebnisse stellen wir in diesem Artikel als kurze Zusammenfassung vor. Der gesamte Studienbericht kann hier heruntergeladen werden.
Die Studie wurde von der School for Communication and Management SCM aus Berlin, der Agentur Kammann Rossi aus Köln und Staffbase aus Chemnitz durchgeführt. Der Internal Communications Monitor gehört zu der Reihe Trendmonitor interne Kommunikation für den DACH-Raum, erstmals wurden jedoch Daten in ganz Europa erhoben. Mehr als 250 Kommunikationsexperten von Unternehmen jeder Größe aus ganz Europa haben daran teilgenommen und ihre Einschätzungen zu den Themen organisatorische Rahmenbedingungen, Ziele und Herausforderungen, Kommunikationsinstrumente, mobile interne Kommunikation sowie Rolle und Zukunft der IK geteilt.
Die Ergebnisse wurden außerdem auch in einem Webinar mit Expertinnen und Experten der Studienorganisatoren beleuchtet und diskutiert. Hier können Sie sich die Aufnahme anhören.
1. Interne Kommunikation ist nah dran an den Entscheidern – aber unzufrieden mit der Zusammenarbeit
Laut Internal Communications Monitor hat die interne Kommunikation in den meisten europäischen Unternehmen einen direkten Draht zu den Entscheidern.
38,8 Prozent der Befragten gaben beispielsweise an, dass die interne Kommunikation direkt an den CEO berichtet. 24,4 Prozent berichten direkt an die externe Kommunikation, der interne Kommunikation in vielen Unternehmen oft direkt unterstellt ist.
Hier gibt es jedoch durchaus auch Unterschiede in den verschiedenen Regionen Europas. Während diese Tendenz vor allem im DACH-Raum stark ausgeprägt ist (hier berichten 54 Prozent direkt an den CEO), fällt die interne Kommunikation in Großbritannien, Irland und Ländern in Südeuropa eher in den Bereich der Human Resources (HR) und berichten dementsprechend vorrangig an die Personalabteilung.
Dass die interne Kommunikation im Durchschnitt nah an den Entscheidern dran ist, scheint zunächst ein erfreuliches Ergebnis zu sein. Endlich kann die IK den sogenannten „Seat at the table” halten und aktiv mitwirken. Doch diese Einschätzung ist weit gefehlt, denn eine weitere Befragung zur Zufriedenheit zeigt ein deutlich anderes Ergebnis.
Obwohl die Verbindung zu den Entscheidungsträgern in den meisten europäischen Unternehmen gut ist, sind 37,7 Prozent der Befragten weniger zufrieden oder unzufrieden mit der Zusammenarbeit. Und je unzufriedener die Befragten mit der Zusammenarbeit mit den Entscheidern sind, umso unzufriedener sind sie auch mit der strategischen Ausrichtung der internen Kommunikation.
Die Ergebnisse zeigen also, dass die interne Kommunikation noch immer nicht den wahren Stammplatz am Entscheidertisch erhalten hat, den sie eigentlich benötigt. Und dass die Arbeit der Kommunikatoren weiterhin nicht überall wertgeschätzt wird, zeigen die 37,9 Prozent der Befragten, die weniger zufrieden oder unzufrieden mit der Anerkennung der eigenen Arbeit sind.
2. Kommunikatoren in Europa sind am unzufriedensten mit Budget und Ressourcen – Und viele haben kein Konzept
Ressourcen und vor allem Budget sind seit jeher ein leidiges Thema für die interne Kommunikation. Meist ist von beidem nicht genügend vorhanden, was die Arbeit der internen Kommunikatoren erschwert. Fast die Hälfte alle Befragten ist sowohl mit der Anzahl der Mitarbeitenden (47,2 %) als auch mit dem Budget (41,7 %) weniger zufrieden oder unzufrieden.
Dabei zeigen sich jedoch durchaus Unterschiede in den Regionen, was das Budget angeht. Laut Internal Communication Monitor können Unternehmen in den Benelux-Staaten und Skandinavien signifikant häufiger mit hohen Budgets arbeiten als Unternehmen aus anderen Regionen Europas. Natürlich spielt auch die Unternehmensgröße bei der Verfügbarkeit von Budget und Ressourcen eine entscheidende Rolle. Große Unternehmen sind üblicherweise finanzstärker als mittelständische und kleine Unternehmen, was sich auf das Budget für die interne Kommunikation auswirkt. So verfügt die interne Kommunikation in Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern in 31,6% der Fälle über ein Budget von mehr als 100.000 € pro Jahr, in kleinen Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern nur in 6,4% der Fälle.
Jedoch bedeutet viel Budget natürlich nicht gleich viel Kreativität und Erfolg. Obwohl mehr Budget das Leben der Kommunikatoren erleichtert, kommt es vor allem auf ein gutes und strukturiertes Konzept an, um die Ziele der internen Kommunikation zu erreichen. Gerade wenn das Budget klein ist, kann ein durchdachtes und auf die Mitarbeitern ausgerichtetes Konzept helfen, interne Kommunikation und somit die Arbeit der Kommunikatoren erfolgreich zu machen.
Eigentlich ist es egal, wie viel Budget man in der internen Kommunikation hat, entscheidend ist das Konzept. Man kann viel Geld verschwenden auf etwas, was nicht klappt, weil das Konzept nicht stimmt oder nicht da war. Andererseits kann man mit wenig Budget viel erreichen, wenn man ein gutes, klares Konzept hat.
Dagmar Mackett, Global Development Director bei der Kommunikationsagentur DRPG während des Webinars zum Internal Communications Monitor
Immerhin schätzen 93,1 Prozent ein Konzept als wichtig bis sehr wichtig ein, aber nur 27,2 Prozent haben tatsächlich ein schriftliches Konzept für ihre Arbeit vorliegen. Dementsprechend empfinden 58,2 Prozent der Befragten ohne Konzept oder grundlegende Richtlinien, dass die Ziele der internen Kommunikation unklar oder sehr unklar definiert sind. Die Befragten, die jedoch zufrieden mit ihrem Budget sind, geben auch an, dass die Ziele klar definiert sind.
3. Digitale Transformation ist das bestimmende Thema für die interne Kommunikation – Wobei die Regionen unterschiedlich weit fortgeschritten sind
Der Internal Communications Monitor macht noch einmal deutlich, dass die digitale Transformation (endlich) in der internen Kommunikation angekommen ist und die Zukunftsplanung beherrscht.
Immerhin betrachten rund 99 Prozent der Befragten den digitalen Wandel als wichtiges Thema, rund 61 Prozent davon befassen sich bereits intensiv damit. Trotzdem bleiben 38 Prozent, die gerade erst beginnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und den digitalen Wandel im Unternehmen voranzutreiben.
Der digitale Wandel zeigt sich in der internen Kommunikation natürlich vor allem in der Nutzung von digitalen Medien und Kanälen. Hier zeichnen sich jedoch Unterschiede in den Regionen ab, die den Fortschritt der Digitalisierung in den Unternehmen widerspiegeln. Der DACH-Raum liegt vor allem bei der Nutzung digitaler Kanäle hinter den anderen europäischen Regionen, wie in der Grafik zu erkennen ist.
Besonders die Benelux-Staaten und Skandinavien liegen bei den aufgeführten digitalen Medien wie Intranets, digitale Mitarbeiterzeitung oder interne soziale Medien weit vorn. Das Bewusstsein für digitale Kanäle ist durchaus bei den meisten Unternehmen da, bei vielen hakt es jedoch noch an der Umsetzung.
Die größte Chance, das haben diese und andere Studien gezeigt, ist den Mut zu haben zu testen und den traditionellen Medienmix mit neuen Medien und Kanälen anzureichern. Das kann sowas sein wie Digital Signage, Social Intranets, ein Employee Experience Intranet oder eine Mitarbeiter-App. Die Studien haben auch gezeigt, dass der Mut, so etwas zu probieren, einen signifikanten Einfluss auf den Erfolg der internen Kommunikation hat.
Dr. Juliane Kiesenbauer, Director Marketing & Kommunikation bei Staffbase
Auch wenn die mobile App hier noch nicht auftaucht, nutzen bereits 42, 6 Prozent der Befragten eine App für die interne Unternehmenskommunikation, weiterhin sehen 81,3 Prozent den mobilen Kanal als wichtig oder sehr wichtig an.
Im Trendmonitor interne Kommunikation vom Vorjahr waren es ebenfalls 83,3 Prozent der Befragten im DACH-Raum eine mobile App als wichtig an. Diese Ergebnisse zeigen, dass mobiler und digitaler interner Kommunikation ein hoher Stellenwert für die Zukunft zugeschrieben wird. Damit ermöglicht man Mitarbeitern nicht nur, Informationen zu jeder Zeit abrufen zu können, sondern auch eine hohe Aktualität der Nachrichten zu gewährleisten.
Wie das gehen kann, zeigt auch die BayWa AG mit ihrer Mitarbeiter-App My BayWa in unserer Kundenstory, die kostenlos heruntergeladen werden kann.
4. Aktualität ist der Schlüssel zu moderner interner Kommunikation – das zeigt sich an den eingesetzten Formaten und Kanälen
Das wichtigste Format, mit dem die Themen der internen Kommunikation (das sind vorrangig strategische Themen und Veränderungen) ausgespielt werden, sind mit 85,6 Prozent die aktuellen Nachrichten, mit größerem Abstand gefolgt von Interviews und Vorstandsmitteilungen. Das zeigt, dass Aktualität bei der Vermittlung von Informationen für den Großteil der Befragten eine entscheidende Rolle spielt.
Mitarbeiter mit aktuellen Nachrichten erreichen zu können, hängt natürlich sehr davon ab, welche Kanäle genutzt werden. Rund 85 Prozent der Befragten glauben, ihre Mitarbeiter über mobile Kommunikationskanäle besser erreichen zu können. Mobile digitale Kommunikationslösungen rücken also immer mehr in den Fokus und bringen einen entscheidenden Faktor mit, der mittlerweile gute interne Kommunikation ausmacht: Aktualität.
Formate wie die gedruckte Mitarbeiterzeitung verlieren immer mehr an Bedeutung (nur noch 32, 5 Prozent haben noch eins, im Trendmonitor interne Kommunikation vom Vorjahr waren es immerhin noch 47,8 Prozent). Diese werden durch digitale Lösungen ersetzt (53, 6 Prozent haben bereits eine digitale Mitarbeiterzeitung), die eine schnellere Ausspielung von Informationen ermöglichen.
Bei der Frage nach den Kanälen, die für die Nutzung in der internen Kommunikation zukünftig geplant sind, tauchten außerdem häufig Podcasts (15,1 %), Mitarbeiter-Apps (14,2 %), künstliche Intelligenz (13,1 %) oder interne soziale Medien (12,8 %) auf.
All diese Ergebnisse zeigen auf, dass moderne interne Kommunikation vor allem auf Aktualität und Erreichbarkeit der Mitarbeiter baut. Und das geht vorrangig mit digitalen und mobilen Formaten, die dort stattfinden, wo Mitarbeiter sowieso schon einen Großteil ihrer Zeit verbringen: auf dem Smartphone. Wenn Inhalte vorrangig online und eben mobil zur Verfügung gestellt werden, steigt nicht nur die Aktualität, sondern auch die Reichweite.
5. Kulturwandel in ganz Europa: Interne Kommunikatoren werden immer mehr zum Befähiger
Die Veränderungen bezüglich, Kanälen, Formaten und Inhalten der internen Kommunikation geht eng einher mit der sich verändernden Rolle der Kommunikatoren. Die Zeiten, in denen die interne Kommunikation das Sprachrohr der Geschäftsführung war, sind eindeutig vorbei – und das überall in Europa. Es findet langsam aber sicher ein Perspektivwechsel statt, der Kommunikatoren mehr aus Sicht der Mitarbeiter denken lässt.
68,1 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass interne Kommunikation vorrangig die Aufgabe hat, die Menschen im Unternehmen auf allen Ebenen zu aktiver Kommunikation zu befähigen. Alle anderen sehen interne Kommunikation in einer Botschafterrolle, indem sie wichtige Unternehmensnachrichten und Inhalte nach innen trägt.
Die aufgezeigten Ergebnisse zu den in Nutzung befindlichen und zukünftig geplanten Medien und Formate zeigen ein eindeutiges Bild: Interne Kommunikation will es allen Mitarbeitern ermöglichen, an der Kommunikation teilzunehmen, offen mitzudiskutieren (soziale Medien) und Feedback zu geben. Damit rückt sie auch immer mehr aus der jahrelang besetzten Position im Hintergrund und kommt näher an die Mitarbeiter ran.
Laut Internal Communications Monitor sehen sich bereits 29,3 Prozent der Befragten als strategischen Moderator und 38, 5 Prozent sogar eher als Dienstleister.
In einem sind sich zumindest fast alle Kommunikatoren einig: In fünf Jahren wird die interne Kommunikation wichtiger sein als je zuvor (93,8 %).
Vor allem die Corona-Krise hat zunehmend gezeigt, wie wichtig gut geplante und auf alle Mitarbeiter abgestimmte Kommunikation ist. Mitarbeiter müssen abgeholt werden, sich wertgeschätzt fühlen und sich einbringen können. Dass interne Kommunikation für eine positive sogenannte Employee Experience die entscheidende Rolle spielt, so zeigt es der Internal Communications Monitor, wird immer deutlicher. Und das macht interne Kommunikation immer mehr zu einem wesentlichen Bestandteil für den Erfolg eines Unternehmens.
Was bei der internen Kommunikation oft noch fehlt ist der Perspektivwechsel. Der Begriff Employee Experience sagt nichts anderes als dass Kommunikatoren stetig darüber nachdenken müssen: Welche Erfahrungen macht der Mitarbeiter mit mir und mit meiner Organisation? Die Aufgabe der internen Kommunikation kann dann nicht sein, zum zehnten mal die zehn Gebote des Vorstands auf eine Seite zu tackern, sondern Mitarbeiter zu befähigen, die Werte des Unternehmens zu leben und zu erfahren. Wenn sich dann jemand einbringen will und mitgestalten will, dann muss der abgeholt werden und das Gefühl bekommen: Ja, du bist hier wertgeschätzt. Und das ist das eigentliche Ziel von Employee Experience.
Carsten Rossi, Geschäftsführer der Agentur Kammann Rossi
Liebe Leser*innen,
wir bei Staffbase verwenden seit November 2020 den Genderstern in unseren deutschsprachigen Blog-Texten. Wenn das bei diesem Artikel noch nicht der Fall ist, handelt es sich dabei um einen älteren Text, der vor der Einführung der gendergerechten Sprache erstellt wurde.
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