Verstehen statt suchen: Ein Chief Strategy Officer über die Zukunft von KI und Employee Experience

A worker talks to a holographic figure in an industrial setting
Frank Wolf Employee Experience

7 Minuten zum Lesen

Teilen

Der Apfel nach dem Fasten

Ich bin Frank Wolf, Mitgründer von Staffbase. Ich verbringe die meiste Zeit damit, darüber nachzudenken, wie Menschen Informationen verstehen – insbesondere bei der Arbeit. Doch kürzlich hatte ich einen Moment unerwarteter Klarheit, weit außerhalb der Welt der internen Kommunikation.

Ich hatte gerade mein erstes siebentägiges Fasten beendet. Eine Woche lang kein Essen. Und das Erste, was ich danach gegessen habe, war ein Apfel. Manche nennen das den „Apfel-Ausbruch aus dem Paradies“ – ein symbolischer Wiedereintritt in die Welt des Essens.

Noch nie habe ich mich so sehr auf einen Apfel gefreut wie auf diesen.

Aber was mich am meisten beeindruckte, war nicht der Hunger oder das Ritual. Es war die Art, wie ich die Woche überstanden hatte.

An jedem Tag meines Fastens hatte ich lange, überraschend fesselnde Gespräche mit ChatGPT. Ich stellte Fragen über Fasten, Ernährung, Leberfunktion, Zucker, Blutdruck, was man tun sollte, was man nicht tun sollte, eine Frage nach der anderen.

Und das hat alles verändert.

Weil meine Suche nach Informationen zu einem echten Dialog wurde, stellte ich am Ende weit mehr Fragen, als ich je in Google eingegeben hätte. Dadurch habe ich mehr gelernt. Ich blieb neugieriger. Und die Verbindung war stärker.

Diese Erfahrung erinnerte mich an etwas, das ich überall um uns herum sehe: den Wandel vom Suchen zum Verstehen. Vom Content zum Erlebnis. Von der Informationslieferung zu etwas Persönlicherem und Kraftvollerem.

KI verändert grundlegend, wie wir mit Technologie interagieren.

Und das bedeutet, dass sie auch verändert, wie Menschen Kommunikation und Informationen bei der Arbeit – und überall sonst – erleben.

Frank Wolf speaking about AI at VOICES 2025 in front of big audience

Wir sind nicht mehr im Zeitalter der Suche

In den vergangenen 25 Jahren haben wir alles für die Suche optimiert.

Informationsarchitektur, Klickpfade, Navigationsmenüs, Seiten, Portale und Fenster. Der moderne Arbeitsplatz wurde zu einem Netzwerk von Systemen, jedes davon aufgebaut auf der Idee, dass Menschen finden werden, was sie brauchen – vorausgesetzt, es ist gut genug organisiert.

Diese Ära geht zu Ende.

Künstliche Intelligenz hat eine neue Erwartung geschaffen: nicht zu suchen, sondern Antworten zu erhalten. Nicht zu stöbern, sondern zu fragen. Nicht den Weg durch ein Interface zu finden, sondern ein Gespräch zu führen, das liefert, was du brauchst – sofort, persönlich und im Kontext.

Das Interface ist nicht länger das Produkt. Das Gespräch ist es.

Wir sehen das bereits in unserem Privatleben. Wir besuchen keine Webseiten mehr, um herauszufinden, wie man etwas repariert. Wir fragen ChatGPT. Wir tippen keine langen Suchanfragen mehr. Wir sprechen mit unseren Smartphones. Wir erwarten, dass Technologie uns direkt dort abholt, wo wir gerade sind, und uns nicht erst durch Menüs klicken lässt.

Derselbe Wandel kommt auf die interne Kommunikation zu. Und er wird alles verändern.

Denn es geht hier nicht nur um schnelleren Zugriff. Es geht um eine andere Beziehung zwischen Menschen und Informationen. Eine Beziehung, die auf absolutem Vertrauen beruht, das nicht ständig hinterfragt und neu gewonnen werden muss. Eine, in der Antworten die Mitarbeitenden finden – nicht umgekehrt. Eine, in der intelligente Systeme Komplexität entschlüsseln, damit Mitarbeitende schneller bessere Entscheidungen treffen können.

Das Zeitalter der Suche war geprägt von Struktur. Das Zeitalter der KI ist geprägt vom Sinn.

Der Elefant im Raum: Traditionelle Interfaces sterben aus

Lasst uns über die eigentliche Veränderung sprechen, die hier stattfindet.

Alle reden über KI. Aber der Elefant im Raum, die stille Wahrheit, die niemand zugeben will, ist diese: Traditionelle Interfaces sterben aus.

Nicht, weil sie kaputt wären, sondern weil sie allein nicht mehr ausreichen.

Wenn du immer noch darauf setzt, dass Menschen durch Tabs navigieren, Kategorien anklicken oder eine Wissensdatenbank durchsuchen, um zu finden, was sie brauchen, hängst du bereits hinterher. Das ist ein Erbe des Such-Zeitalters – eine Denkweise, in der sich die Nutzer*innen dem System anpassen mussten, nicht umgekehrt.

Gleichzeitig gilt: Struktur bleibt wichtig. Mehr denn je sogar.

KI ersetzt nicht die Navigation, sondern wird selbst zu einer neuen Art Nutzer*in deines Intranets. Und wie jede Nutzer*in braucht sie Klarheit.

Wenn dein System zehn Artikel über dasselbe Ereignis enthält, weiß die KI nicht, welchem sie vertrauen soll. Sie könnte versuchen, widersprüchliche Inhalte zusammenzuführen – mit Antworten, die eher verwirren als klären. Deshalb müssen Organisationen weg von der Veröffentlichung auf Masse und hin zur Veröffentlichung mit Struktur. Denke weniger in „News Streams“ und mehr in „Pillar Pages“.

Eine gut gepflegte Quelle der Wahrheit – mit klaren Abschnitten, Metadaten und Links – schlägt ein Meer fragmentierter Updates um Längen. Und genau dieses Intranet-Modell vertreten wir schon lange: kein Archiv, sondern eine Eingangstür. Eine kleine Zahl kuratierter, aktiv gepflegter Seiten, auf die Menschen – und jetzt auch KIs – sich verlassen können.

Die Tools, die wir außerhalb der Arbeit nutzen, setzen das bereits um.

Sie bringen uns nicht bei, wie man sucht; sie liefern das Ergebnis. Sie verlangen nicht, dass wir uns durchklicken; sie nutzen Struktur und Kontext im Hintergrund, damit Antworten unmittelbar und intuitiv wirken.

Das ist die stille Revolution, die gerade in der Employee Experience stattfindet. Kein Redesign. Keine schnellere Suchleiste. Sondern ein kompletter Wandel der Erwartungen.

Für mich kommt der eigentliche Moment der Wahrheit dann, wenn jemand – eine Mitarbeiter*in, eine Führungskraft, egal wer – mitten im Arbeitstag eine Frage stellt und sofort eine Antwort erhält, die korrekt, kontextbezogen und vertrauenswürdig ist.

Das ist es, was KI ermöglicht. Es geht nicht nur um den Zugang zu Informationen. Es geht darum, die richtigen Informationen im richtigen Moment sinnvoll zur Verfügung zu stellen.

Bei Staffbase haben wir intensiv darüber nachgedacht, was KI-Implementierungen tatsächlich erfolgreich macht – nicht nur in der Theorie, sondern in der Realität von Organisationen.

Eine Studie des MIT hat es klar aufgezeigt: KI-Projekte sind dann erfolgreich, wenn ihr Umfang eng gefasst ist und sie sich auf konkrete Probleme konzentrieren.

Diese Erkenntnis hat unseren gesamten Ansatz geprägt. Wir bauen keine universellen KI-Assistenten. Wir entwickeln fokussierte Tools für spezifische Anforderungen – genau dort, wo Vertrauen, Timing und Relevanz am meisten zählen.

Denn Vertrauen entsteht nicht durch den Algorithmus. Es entsteht durch die Erfahrung.

Frank Wolf speaking about AI at VOICES 2025 with presentation in background

Das Framework: Vertrauenswürdiger Kontext, Kontrolle und Reichweite

Deshalb ist unser Ansatz bei Staffbase bewusst fokussiert. Wir jagen nicht der Komplexität um ihrer selbst willen nach, sondern entwickeln KI, die reale Probleme in der echten Welt der Employee Experience löst.

Doch KI zum Funktionieren zu bringen, bedeutet nicht nur, sie technisch lauffähig zu machen. Es geht darum, die richtigen Bedingungen für Vertrauen zu schaffen.

Das heißt: neu zu denken, wie Informationen bereitgestellt, wie sie adressiert und wie sie erlebt werden. Dafür haben wir unseren Ansatz auf drei wesentliche Säulen gestellt: vertrauenswürdiger Kontext, Kontrolle und Reichweite.

Vertrauenswürdiger Kontext

Vertrauen entsteht nicht allein durch Inhalte. Es entsteht durch Kontext – wenn die richtige Information die richtige Person, am richtigen Ort und im richtigen Rahmen erreicht. Eine Push-Nachricht von deiner Führungskraft fühlt sich anders an als ein globales Update aus der Zentrale. KI muss diesen Unterschied verstehen.

Doch Verstehen ist ohne die richtige Grundlage nicht möglich.

KI ist nur so gut wie die Daten, aus denen sie schöpft. „Garbage in, garbage out.“ Deshalb beginnt ein vertrauenswürdiger Kontext mit präzisen, gut strukturierten, relevanten Informationen. Bei Staffbase haben wir Organisationen schon lange dabei unterstützt, das Rauschen zu reduzieren, eine „Single Source of Truth“ aufzubauen und Administrator*innen Werkzeuge an die Hand zu geben, um den Menschen genau das zu liefern, was für sie zählt.

Employee AI geht hier noch einen Schritt weiter. Sie überwacht Inhalte fortlaufend, markiert Probleme, empfiehlt Verbesserungen und stellt sicher, dass alles, was Mitarbeitende sehen, nicht nur korrekt ist, sondern auch zu den Standards und der Markenstimme der Organisation passt. Genau das meinen wir mit „Agentic Governance“: KI, die nicht nur Inhalte generiert, sondern sie auch absichert.

Gleichzeitig schert Employee AI nicht alle über einen Kamm. Sie versteht Rollen, Standorte, Präferenzen und Historien und verbindet jeden Touchpoint über ein gemeinsames Gedächtnis und organisatorischen Kontext. Das Ergebnis ist Personalisierung im großen Stil – nicht auf Basis von Mutmaßungen, sondern gestützt auf spezifische, sichere und vertrauenswürdige Daten.

Denn es geht nicht nur darum, was gesagt wird. Sondern auch darum, wer es sagt, wo es erscheint und wie es in das große Ganze passt.

Kontrolle

KI ist nur dann wertvoll, wenn sie im Einklang mit der Organisation arbeitet, der sie dient. Kontrolle stellt sicher, dass nicht Algorithmen die Richtung bestimmen, sondern Unternehmen selbst.

Mit Employee AI können HR-Leitungen und Kommunikator*innen festlegen, wie die KI agiert, was sie weiß und welche Grenzen sie respektiert. Das bedeutet: Tonalität und Markenstimme definieren. Unternehmensspezifische Narrative, kulturelle Nuancen und Prinzipien für Vertrauen rund um Genauigkeit, Ethik und Compliance verankern.

Das sind keine technischen Details. Es sind strategische Entscheidungen. Sie prägen die Employee Experience genauso wie der Content selbst.

Kontrolle stellt sicher, dass KI nicht einfach nur spricht, sondern verantwortungsvoll spricht: on message, on brand und im Dienst gemeinsamer Ziele.

Admins haben die Werkzeuge, um Ergebnisse auf Relevanz feinzujustieren, genehmigte Wissensquellen festzulegen und klare Leitplanken zu setzen. Das Ergebnis ist eine KI, die Mitarbeitenden hilft, ihre Welt zu verstehen – ohne von den Werten abzuweichen, die diese Welt definieren.

Reichweite

Du kannst nicht alle hinter einer Mission vereinen, wenn du nicht alle erreichst.

Wirklicher Impact entsteht erst, wenn Mitarbeitende über Rollen, Standorte, Geräte und Situationen hinweg erreicht werden – egal ob sie am Schreibtisch sitzen, in der Produktion stehen, zwischen Schichten pendeln oder kurz das Handy zur Hand nehmen. KI sollte die Reichweite von HR und Kommunikation erweitern, nicht einschränken.

Darum ist Employee AI nicht einfach nur ein smarteres Tool. Es basiert auf einer smarteren Infrastruktur.

Staffbase wurde schon immer dafür geschätzt, schwer erreichbare Mitarbeitende zu verbinden – über das Intranet, eine mobile Mitarbeiter-App, E-Mail, Digital Signage, SMS, Microsoft 365, ServiceNow und mehr. Diese Kanäle sind längst etabliert und werden täglich genutzt. Employee AI baut auf diesem Fundament auf und bettet Intelligenz direkt dort ein, wo Kommunikation bereits passiert.

Ein KI-Assistent – verfügbar über den Desktop, mobile Endgeräte und sogar Sprachsteuerung – bietet Mitarbeitenden einen einzigen, dialogorientierten Einstiegspunkt, um das zu finden, was sie brauchen. Personalisierte Podcasts liefern wöchentliche Updates, zugeschnitten auf jede einzelne Mitarbeiter*in und in Formaten, die in den realen Arbeitsalltag passen.

Denn um wirklich gehört zu werden, braucht Kommunikation mehr als Intelligenz. Sie braucht Präsenz.

Was auf dem Spiel steht: Das Risiko, den Wandel zu verpassen

Die größte Frage für die meisten Organisationen derzeit ist simpel: Wie starten wir eigentlich mit KI?

Eine aktuelle MIT-Studie hat über 300 KI-Projekte untersucht. Das Ergebnis war eindeutig: breite, generische Rollouts funktionieren nicht. Man kann KI nicht einfach „allen geben“ und Ergebnisse erwarten. Dieser Ansatz – derselbe, der schon in der „Data Lake“-Ära gescheitert ist – führt meist zu Verwirrung, Inkonsistenz und geringer Wirkung.

Was funktioniert, ist das Gegenteil: enger Fokus, spezifische Anwendungsfälle, klar definierte Probleme. Je gezielter der Einsatz, desto höher die Erfolgsquote.

Genau so haben wir unseren Employee-AI-Ansatz gestaltet.

Wir konzentrieren uns auf die wichtigsten Fragen, die Mitarbeitende haben – die Momente, in denen sie Klarheit über ihre Aufgaben, ihren Arbeitsplatz oder ihr Unternehmen brauchen. Und wir bringen alles zusammen, was nötig ist, um diese Fragen gut zu beantworten: vertrauenswürdige Daten, Kontext, Governance sowie die Möglichkeit für HR und Kommunikation, Ton, Timing und Strategie zu gestalten.

Das Ergebnis ist keine generische KI, sondern ein einsatzbereiter, unternehmensnaher, hochwirksamer Service, der verändert, wie Menschen Arbeit erleben.

Denn genau darum geht es. Es geht nicht darum, „mehr KI“ auszurollen als andere Unternehmen. Es geht darum, die richtige KI einzusetzen, um echte Probleme zu lösen – und schnell Mehrwert zu liefern.

Unternehmen werden diesen Schritt erfolgreich gehen, wenn sie klein anfangen, fokussiert bleiben und sicherstellen, dass die gesamte Belegschaft profitiert und nicht nur die Kolleg*innen, die am Schreibtisch sitzen.

Führungskräfte, die am alten Modell festhalten – Interfaces, Suchleisten, statische Intranets – bauen auf einem Fundament, das nicht mehr zu dem passt, wie Menschen heute leben, arbeiten oder denken. Diese Systeme mögen noch funktionieren, aber sie werden die Nutzer*innen langfristig nicht zufrieden stellen. Sie werden sich nicht intuitiv anfühlen. Und sie werden den Menschen nicht helfen, Dinge zu erledigen.

Die Mitarbeitenden werden nicht warten. Sie greifen auf externe Tools zurück. Oder sie schalten ganz ab.

Und die Kosten? Nicht nur Ineffizienz. Eine Abweichung vom strategischen Kurs. Wachsende Sicherheitsrisiken. Eine schleichende Erosion von Klarheit, Vertrauen und Verbundenheit – genau in dem Moment, in dem Organisationen das am meisten brauchen.

Wenn Kommunikation Kultur formt, dann ist Employee AI nicht nur ein Produktivitätstool, sondern ein strategischer Hebel.

Einer, der Vertrauen stärken, Entscheidungen beschleunigen und Menschen helfen kann, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Aber nur, wenn Führungskräfte bereit sind, neu zu denken, wie Kommunikation funktioniert und wofür sie eigentlich da ist.

Frank Wolf speaking about AI at VOICES 2025

Abschließende Reflexion: Zurück zum Apfel

Dieser Apfel am Ende meines Fastens war nichts Besonderes. Er war einfach nur ein Apfel. Doch er erinnerte mich daran, was passiert, wenn sich der Fokus verschiebt – wenn das Rauschen verschwindet und Klarheit zurückkehrt. KI hat ihn nicht besser schmecken lassen. Aber sie hat verändert, wie ich ihn wahrgenommen habe.

Dasselbe gilt für die Employee Experience.

Die Werkzeuge, die wir nutzen, mögen künstlich sein. Aber die Erfahrungen, die sie schaffen, können zutiefst menschlich sein. Wenn wir sie zielgerichtet einsetzen – im richtigen Kontext, mit der richtigen Intention – helfen sie Menschen, sich zu fokussieren, zu verstehen und verbunden zu bleiben.

Mit dem richtigen Kontext erhält Kommunikation Sinn, Bedeutung und Klarheit – und nur mit Klarheit können Mitarbeitende sinnvoll handeln.

Wir haben es in der Hand: nicht einfach nur eine neue Generation von Tools zu nutzen, sondern eine neue Art von Verantwortung zu übernehmen. Erlebnisse und Kommunikation zu gestalten, die gefühlt und nicht einfach nur ausgespielt werden. Menschen zu helfen, klar zu sehen. Sie zu dem zu führen, was wirklich zählt.

Das hat mich dieser Apfel gelehrt. Das macht KI möglich. Und das ist der Weg in die Zukunft.

Teilen

Zum Thema Employee Experience weiterlesen