Wenn ich an die Zukunft denke, dann habe ich eine klare Vision: Die Logistik ist eine attraktive Branche für junge Menschen, Prozesse sind hochgradig digitalisiert und machen die Arbeit sicher. Vor allem sehe ich aber auch, dass alle Logistikunternehmen ihre Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen und wertschätzende Kommunikation alltäglich ist.
Davon sind wir jedoch noch weit entfernt. In unserer Branche ist der Fachkräftemangel kein Mythos, sondern ständiger Begleiter. Geeignete Nachwuchskräfte sind nicht einfach zu finden. Richtig gute Kandidaten dann auch zu halten, stellt noch einmal eine ganz andere Herausforderung dar. Die Digitalisierung geht oft nur schleppend voran und kommt bei der internen Kommunikation meist gar nicht erst an. Die Kollegen, die einen Großteil der Belegschaft ausmachen, sind dabei die Leidtragenden: die Fahrer auf den Straßen. Informationen erreichen sie einfach nicht und wenn, dann sowieso viel zu spät, der Kontakt zu den Kollegen ist spärlich und Anerkennung für die so wichtige und umfangreiche Arbeit dringt oft nicht bis zu ihnen durch.
Wir wollten das ändern. Interne Kommunikation sollte endlich alle erreichen und vor allem ermöglichen, unseren Mitarbeitern auf den Straßen die Wertschätzung auszudrücken, die sie verdienen. Der Weg dahin war nicht leicht, die Erfolge unserer Maßnahmen sprechen jedoch für sich.
1. Mitarbeiter zu internen Influencern machen
Die meisten unserer Mitarbeiter sind den ganzen Tag unterwegs, oft mehrere Tage am Stück. Die Kollegen sehen sich und vor allem ihre Vorgesetzten eher selten. Da kommen bei den Mitarbeitern berechtigterweise oft Fragen auf wie: Sieht überhaupt jemand, was ich jeden Tag für das Unternehmen leiste? Wird meine Arbeit hier überhaupt anerkannt? Uns war natürlich schon immer bewusst, dass sich Wertschätzung am Arbeitsplatz positiv auf die Motivation der Mitarbeiter auswirkt und die Bindung zum Unternehmen festigt. Doch wie erreicht Anerkennung diejenigen Mitarbeiter, die immer auf Achse sind? Und wie kann diese authentisch kommuniziert werden? Für uns war klar: Ein Einfaches “Wir sehen dich, du leistet tolle Arbeit” ist zwar schön, aber bei weitem nicht ausreichend und nachhaltig.
Wertschätzung kommunizieren wir bei uns deshalb schon durch die Bezeichnung unserer Kraftfahrer. Weil Logistik weit mehr ist, als Güter von A nach B zu transportieren und die Aufgaben und Verantwortungsbereiche immer umfangreicher werden, war für uns die Bezeichnung Berufskraftfahrer nicht mehr zeitgemäß. Wenn man sich dann außerdem die Führerhäuser unserer blauen Riesen ansieht, ähneln diese eher einem Cockpit. Deshalb heißen unsere Fahrer seit einiger Zeit Piloten. Der Anstoß dazu kam direkt von unserer Geschäftsführung. Die Forderung an die Fahrer, sich mit der Entwicklung neuer Technologien in den Führerhäusern ihrer Fahrzeuge zu beschäftigen, sollten mit einer Veränderung ihrer internen Bezeichnung einhergehen. Die Rahmenbedingungen mussten verbessert werden, um alle von Anfang an abzuholen und die Mitarbeiter auf die neuen Herausforderungen einzustellen. Die neue Bezeichnung war außerdem ein erster Schritt, die täglichen Mammutaufgaben unserer Fahrerflotte entsprechend anzuerkennen und wertzuschätzen. Wir sind jedoch noch ein Stück weiter gegangen.
Wir haben uns gefragt, wie wir Kollegen neben Vergütung, Prämien und einer neuen internen Berufsbezeichnung außerdem für ihre so wichtige Arbeit Anerkennung vermitteln können. Weil Erfahrung in der Logistikbranche hoch geschätzt wird, haben wir uns dazu entschieden, das Programm Piloten-Coaches ins Leben zu rufen.
Die Ausbildung als Piloten-Coach haben wir als anerkennende Maßnahme für ausgezeichneten Umgang mit den Kollegen, eine gute und wirtschaftliche Fahrweise sowie dem allgemeinen Ansehen im Unternehmen entwickelt. Zunächst wurden fünfzig unserer Piloten mit überdurchschnittlich guter Fahrweise ausgewählt. Diese haben daraufhin eine einwöchige Schulung durchlaufen und gelernt, wie sie ihren Kollegen auf Augenhöhe begegnen müssen, um sie zielgerichtet anzulernen. Die Kollegen erhalten ein spezielles Coach-Outfit, um sie sofort für jedermann sichtbar zu machen und die Wertschätzung der Mitarbeiter visuell darzustellen.
Damit sich diese Rolle im Unternehmen etabliert und vor allem auch bekannt wird, was den Status Piloten-Coach ausmacht, wie diese geschult werden und was die Kollegen in ihrer Rolle tun, mussten wir einen geeigneten Kommunikationskanal dafür finden. Wir haben aufgrund unserer unternehmensweiten Digitalisierungsbestrebungen und dem Anspruch, endlich alle Mitarbeiter mit Informationen zu erreichen, im Jahr 2017 dazu entschieden haben, eine mobile Kommunikationslösung einzuführen. Damit war die Sache klar: Die Piloten-Coaches erhalten eine eigene Plattform in unserer Mitarbeiter-App INSIDEblue. Nur so kann der Großteil der Belegschaft auch wirklich über diese neue Art der Wertschätzung erfahren. Letztendlich haben wir außerdem das Nützliche mit dem Notwendigen verbunden: Aus dieser wertschätzenden Rolle und den Kommunikationsmaßnahmen drumherum ist eine Wissensbasis entstanden, die allen Mitarbeitern hilft.
Auf dem Kanal der Piloten-Coaches werden vor allem Praxistipps geteilt, beispielsweise was das Einscher- und Abbiegeverhalten angeht. Diese Hinweise erscheinen ebenso im Videoformat, um den wichtigen Aspekt der Visualisierung abzudecken. Informationen können so außerdem schneller und besser erklärt und auch verstanden werden. Die Piloten bauen so zusammen eine Datenbank mit Tipps und Tricks aus, die wir aktiv unterstützen und die ein wichtiger Teil unserer internen Kommunikationsstrategie ausmacht. Die als Piloten-Coaches ausgezeichneten Mitarbeiter agieren hier als Experten für bestimmte Gebiete und stehen ihren Kollegen sowohl digital als auch auf dem Betriebshof jederzeit für Fragen zur Verfügung. Ihre so hoch geschätzte Erfahrung erhält damit eine Plattform, auf der diese nicht nur anerkannt, sondern dankend angenommen wird. Dass Hinweise hier nicht top-down kommen, sondern auf Augenhöhe von geschulten Kollegen kommuniziert werden, ist ein wesentlicher Punkt für Authentizität und Transparenz.
Die Weiterbildungsmöglichkeit zum Piloten-Coach kommt bisher sehr gut an. Das Programm hat sich mittlerweile so erfolgreich entwickelt, dass die Coaches nicht nur unsere Mitarbeiter weiterbilden, sondern auch in Schulklassen oder Kindergärten zum richtigen Verhalten im Straßenverkehr belehren. Sie fahren außerdem zu Rastplätzen auf der Autobahn und reden mit Kollegen über das richtige Verhalten beim Abstellen ihrer Fahrzeuge. So identifizieren sich die Mitarbeiter nicht nur viel besser mit ihrer Rolle und mit dem Unternehmen, sondern übernehmen Verantwortung und tragen diese nach außen. Die Anerkennung dafür intern und extern entwickelt sich in die sonst oft vermisste Wertschätzung des eigenen Berufsstandes.
Jeder hat die Möglichkeit, Piloten-Coach zu werden und damit eine geschätzte Position im Unternehmen anzunehmen. Die Rolle soll somit nicht nur Wertschätzung vermitteln, sondern auch ein Ansporn sein, jeden Tag das Beste zu geben. Vor allem neue Mitarbeiter sehen so von Anfang an, dass eine Weiterentwicklung bei uns nicht nur möglich, sondern auch äußerst erwünscht ist. Der Zusammenhalt ist besser und die Zufriedenheit ist gestiegen, weil die erfahrenen Ansprechpartner nun für jeden sofort sichtbar sind.
2. Einbindung durch Transparenz und Mitbestimmung
Wir wollen, dass unsere Piloten stolz auf ihre Arbeit sind und sich mit dem Unternehmen identifizieren. Die meisten tun das auch, konnten es jedoch im Unternehmen nicht wirklich zeigen. Wir wissen außerdem, dass ein Großteil unserer Reinert-Piloten eine enge Verbindung zu ihren blauen Riesen haben – schließlich verbringen sie fast jeden Tag damit, diese über die Straßen zu steuern. Genau hier wollten wir ansetzen.
Die Aktion #PILOTENFOTOS haben wir 2017 eingeführt, um für die Reinert-Piloten eine neue Plattform zu schaffen, auf der sie sich selbst und ihre Arbeit wiederfinden. Da die Verbindung zum Fahrzeug bei den meisten Piloten sehr hoch ist, wollten wir genau hier durch das gezielte Streuen von Schnappschüssen eine Form der Wertschätzung an den Kollegen weitergeben. Die Piloten können Fotos von besonderen Situationen ihres täglichen Berufsalltags in einer Bildergalerie in der INSIDEblue-App posten. Wir veröffentlichen dann die schönsten Bilder auf unseren Social-Media-Kanälen und lassen die Community abstimmen, welches Foto der Monatsgewinner ist. Zu gewinnen gibt es ein Reinert-Fanpaket . Zum Jahresende lassen wir darüber hinaus durch ein Voting den Jahresgewinner ermitteln. Wir bauen natürlich auch immer wichtige Themen wie #SAFETYFIRST in alle Beiträge ein, um so eine noch höhere Akzeptanz zu erzielen und fortwährend zu wichtigen Themen zu informieren.
Des Weiteren ermöglichen wir unseren Mitarbeitern auch, über das Posten von Bildern in unserer App Teil der operativen Prozesse zu sein. Entdeckt ein Pilot auf seiner Route beispielsweise einen potenziellen neuen Kunden, dann kann er diesen Hinweis direkt an unser Vertriebsteam senden. Hier haben wir auf die Idee eines REINERT-Piloten reagiert und ein Hinweis-Formular bereitgestellt. Dieses Formular geht direkt an die Vertriebsleitung und wird auch von dort beantwortet. Eine Kurzbeschreibung zum Hinweis (Wo, Wer, Was, Wann) sowie ein Foto von Baustellenschildern oder ähnlichem werden genutzt, um auf potenzielle Kunden in unseren Einzugsgebieten eingehen zu können.
Was wir seit der Etablierung dieses Hinweis-Kanals vorrangig festgestellt haben, ist die erhöhte Aufmerksamkeit und ein besseres Verständnis der Vertriebsprozesse unseres Unternehmens. Unsere Piloten sind somit in der Lage, neben ihrer täglichen Arbeit auch über diese Aktion einen wesentlichen Teil zum Erfolg des Unternehmens beizutragen. Anhand der mobilen App ist das außerdem ohne Zeitverzögerung und mit umfangreichen Feedbackmöglichkeiten umsetzbar.
3. Mit Videobotschaften eine offene Fehlerkultur kommunizieren und etablieren
In der Logistikbranche sind die Margen nicht sehr groß. Jeder Unfall und jeder Bagatellschaden aus Unachtsamkeit ist eigentlich einer zu viel. Wenn dann doch etwas passiert, muss dringend sensibilisiert werden. Safety First ist eines unserer Leitmotive – Sicherheit am Menschen, an der Ware und an der Technik hat oberste Priorität. Deshalb haben wir im Unternehmen begonnen, eine offenere Fehlerkultur zu etablieren und zu leben sowie diese vor allem auch über unsere Mitarbeiter-App INSIDEBlue zu kommunizieren.
Begonnen hat alles mit einem unserer Piloten: Nachdem dieser aus einer Unfallsituation zwar gesund, aber mit einem nicht geringen Schaden am Fahrzeug zurückgekommen ist, war die Lage klar: Ein kurzer Moment Unachtsamkeit hat oft schwerwiegende Folgen. Weil das jedem passieren kann und dennoch oft einfach zu vermeiden ist, baten wir unseren erfahrenen Piloten, via Videobotschaft einen Appell an seine Kollegen zu richten. Dabei sollte er sich nicht entschuldigen müssen oder den Zeigefinger heben. Seine Botschaft war schlicht und einfach: Auch mir, mit 20 Jahren Erfahrung, passieren diese Dinge und ich lerne daraus. Die Angst vor negativem Feedback der Kollegen war groß. Die Geschäftsführung stand jedoch hundertprozentig hinter ihm. Genau das Gegenteil seiner Befürchtungen ist eingetreten. Die Kollegen waren begeistert von so viel Offenheit.
Nur wer über Probleme und Fehler offen spricht, lernt daraus. Nun gibt es in unserer Mitarbeiter-App im Bereich SAFETY FIRST einen eigenen Kanal für den Austausch untereinander und weitere Geschichten aus dem Berufsalltag unserer Piloten. In diesen Kanal speisen wir auch zentral wichtige Hinweise unserer Piloten ein, was im Alltag oft noch falsch gemacht wird und wo die Missstände liegen könnten.
Dieser offene Umgang mit Fehlern hat dazu geführt, dass wir auf Augenhöhe und ohne Fingerzeig Fehler analysieren, um Lösungsansätze für alle zu finden. Auch ein stetiges Aufwecken mit „Schreckensbildern“, die uns täglich erreichen, hilft uns dabei, unsere Mitarbeiter zu sensibilisieren. Jedoch hat sich nicht nur die Kultur im Unternehmen daraufhin geändert, wir haben auch im Vergleichszeitraum Januar 2017 bis Juni 2017 und Januar 2018 bis Juni 2018 eine Reduzierung der Schäden von ca. 15 Prozent erreichen können. Ein Erfolg, den wir zu einem großen Teil der besseren Kommunikation im Unternehmen aber auch innerhalb der Teams zuschreiben.
Best Practices für eine gesamte Branche
Wir als Reinert Logistics haben bereits vor Jahren für uns erkannt: Wir müssen den Fahrern deutlich mehr Wertschätzung entgegenbringen, nicht nur fordern sondern auch fördern und sie im Digitalisierungsprozess begleiten. Obwohl wir und die gesamte Logistikbranche stark mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben, ist es uns dennoch gelungen, in den letzten Jahren stetig zu wachsen und die Anzahl unserer Piloten zu vervielfachen. Den Grund dafür sehen wir auch in den beschriebenen Maßnahmen, die es uns ermöglicht haben, die Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu rücken. Unsere Mitarbeiter-App, für mich das Tool schlechthin für unsere Branche, hat den Erfolg der Veränderungen möglich gemacht. Und auch wenn noch viel zu tun ist, damit sich meine Vision der Zukunft erfüllt, bin ich mir sicher: Wir sind auf einem guten Weg.
Mehr zu Mitarbeiter-Apps erfahren: Die beste Mitarbeiter-App finden – mit diesen 8 Fragen
Liebe Leser*innen,
wir bei Staffbase verwenden seit November 2020 den Genderstern in unseren deutschsprachigen Blog-Texten. Wenn das bei diesem Artikel noch nicht der Fall ist, handelt es sich dabei um einen älteren Text, der vor der Einführung der gendergerechten Sprache erstellt wurde.
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